10. April 2012

 

Sogenanntes elektrochemisch aktiviertes Wasser wird von verschiedenen Herstellern zur Desinfektion im Lebensmittelbereich ausgelobt. Diese Wässer sollen nach Herstellerangaben desinfizieren und gleichzeitig in ihrer Zusammensetzung Trinkwasserqualität entsprechen. Die Erzeugung geschieht in einer/m Apparatur/Gerät mittels Membranzellenelektrolyse aus einer Natriumchloritlösung. Unterschiedliche Anlagen stellen jeweils andere Gemische von Reaktionsprodukten her. Gemeinsam ist, dass als Wirkstoff Aktivchlor in Form von hypochloriger Säure, Chlor und Hypochlorit hergestellt wird. In Abhängigkeit vom pH-Wert und der genauen Zusammensetzung sind saure Gemische wirksamer, erhöhen jedoch erheblich das Korrosionsrisiko.

Zweifelhaft ist ob in allen Fällen eine ausreichende Desinfektionswirkung erzielt werden kann. Die Wirksamkeitsuntersuchungen nach mikrobiologischen Normen sind nach unserer Kenntnis mit Wässern, die unter Idealbedingungen hergestellt wurden, erfolgt. Die Bedingungen in der Praxis können damit nur bedingt verglichen werden. Die Konzentration in der Anlaufphase und in der Abklingphase bei Benutzung von Geräten zur Herstellung dieser Wässer kann nicht systematisch erfasst werden. Ebenso erfolgt die Einstellung der richtigen Dosierung vor Ort manuell ohne Validierungsschritte und birgt die Gefahr einer Unter- und Überdosierung.

Die Analyse von elektrochemisch aktivierten Wässern zeigt auch die Bildung von unerwünschten Nebenprodukten, die dazu führen, dass die Anforderungen der Trinkwasserverordnung nicht in jedem Fall erfüllt werden.

Nach Untersuchung des Forschungsinstituts für Wasser- und Abwassertechnologie führt der Einsatz von ECA-basierten Desinfektionsmitteln zur Reduktion des Oxidationspotentials in empfindlichen Getränken wie z.B. Zitronenlimonade und beeinflusst
damit deren Sensorik.

Von Anlagenherstellern und aus dem Markt wird vermehrt auch von Korrosionsproblemen beim Einsatz von ECA-Wässern berichtet. Zur Lagerung sollten auf jeden Fall Kunststofftanks eingesetzt werden. Für die Anwendung sind polierte Edelstahloberflächen und optimal ausgeführte Schweißnähte erforderlich, um das Korrosionsrisiko zu verringern.

Geändert hat sich in der letzten Zeit die rechtliche Einstufung des Desinfektionsverfahrens. Bisher waren Geräte zur Herstellung von ECA-Wässern von der BiozidProdukte-Richtlinie nicht erfasst. Nach Auskunft der deutschen Behörden sind diese bei der Verabschiedung der Richtlinie 1998 einfach vergessen worden. Die nun neu verabschiedete Biozid-Produkte-Verordnung, die im Juni 2013 gültig wird, regelt zusätzlich zur Vermarktung von Biozidprodukten auch die Verwendung von Biozidprodukten. Dies bedeutet, dass entweder die Vorprodukte (Leitungswasser oder Kochsalz) als Biozide registriert werden müssen oder der Anwender, die durch Geräte hergestellten ECA-Wässer zulassen muss.

Es ist in Frage zu stellen, ob mit elektrochemisch aktivierten Wässern in jedem Fall die notwendigen Wirksamkeiten ohne Nebenwirkungen erreicht werden können. Gerade in kritischen Bereichen in Küchen oder bei der Lebensmittelherstellung ist es
wichtig, sehr sorgfältig zu untersuchen, ob die notwendigen und sinnvollen Desinfektionseffekte erreicht werden können.