03.06.2020

Die Mitglieder des IHO stehen einer Verlängerung der Gültigkeit der Allgemeinverfügungen der BAuA zur Herstellung von Desinfektionsmitteln, insbesondere für den Einsatz im medizinischen Bereich, kritisch gegenüber.
Die im IHO organisierten Hersteller bewerten die Allgemeinverfügungen zur kurzfristigen Eindämmung des extrem gestiegenen Bedarfs an Desinfektionsmitteln in der breiten Öffentlichkeit zu Beginn der Krise grundsätzlich als sinnvoll. Die Geltungsdauer sollte aus den folgenden Gründen nicht verlängert werden:
  • Produktsicherheits- und Qualitätsstandards sind nur durch professionelle Hersteller mit umfassender Expertise und Erfahrung gewährleistet
  • WHO-Formulierungen sind insbesondere für den Einsatz in Krankenhäusern ungeeignet
  • Produktionskapazitäten der Mitglieder des IHO wurden seit Beginn der Krise deutlich erweitert

 

Produktsicherheits- und Qualitätsstandards sind nur durch professionelle Hersteller mit umfassender Expertise und Erfahrung gewährleistet

Die im IHO organisierten Firmen verfügen über langjährige Erfahrung in der Herstellung und dem Inverkehrbringen von Biozidprodukten. Unabhängig von der Corona-Pandemie, unterliegen Desinfektionsmittel strengen regulatorischen Vorgaben zur Zulassung und Vermarktung, die durch die IHO-Mitglieder befolgt werden. Dadurch ist sichergestellt, dass nur sichere Produkte auf den Markt gelangen, welche die Kundenerwartungen sowie insbesondere die behördlichen Anforderungen an Desinfektions- und Reinigungsmittel erfüllen. Auch der korrekte Arbeitsschutz und die sichere Lagerung der Rohstoffe, das geregelte Inverkehrbringen der Produkte durch bereits vor der Krise bestehende Lieferketten ist durch die IHO-Mitglieder sichergestellt. Dies ist bei neuen Akteuren am Markt, die Desinfektionsmittel nicht reguliert durch die BAuA-Allgemeinverfügung herstellen und in Verkehr bringen, derzeit nicht umfassend sichergestellt.
Produkte zum Einsatz in medizinischen Bereichen, können nach der BPR, Arzneimittelrecht, oder Medizinprodukterecht zugelassen werden. Hier halten die IHO-Mitglieder auch die GMP-Richtlinien („Good Manufacturing Practice“) zur Qualitätssicherung der Produktionsabläufe und -umgebung in der Produktion ein.

Alle Produkte entsprechen strengen Qualitätsstandards, die im medizinischen Bereich besonders wichtig sind, um Patienten nicht zu gefährden und den verbindlichen Anforderungen der Gesundheitsbehörden zu entsprechen. Die Mitglieder des IHO sehen mit Sorge, dass sich durch die BAuA-Allgemeinverfügungen Produkte zur Desinfektion im deutschen Markt verbreiten, die den Anforderungen an sichere Produkte nicht umfänglich genügen: dies gilt beispielsweise für die Anforderungen an sichere Verpackungen, oder für Rezepturen die z. B. zugesetzte Duftstoffe und Pflegekomponenten enthalten, die die Wirksamkeit beeinflussen können. Neuen Akteuren am Markt fehlt oftmals das entsprechende Expertenwissen, welches etablierte Hersteller über viele Jahre aufgebaut haben. Es fehlt auch häufig der Nachweis der Wirksamkeit nach Europäischen Normen, der bei den etablierten Produkten im Markt vorhanden ist [siehe auch www.desinfektionsmittelliste.de].

 

WHO-Formulierungen sind insbesondere für den Einsatz in Krankenhäusern
ungeeignet

Die Allgemeinverfügungen der BAuA umfassen zwei im Jahre 2009 durch die WHO publizierte alkoholische Formulierungen zur Händedesinfektion. Das RKI warnt in seinem Bulletin vom 07. Mai 2020[1] vor der großflächigen Verwendung dieser Formulierungen im klinischen Bereich, da dies aufgrund der schlechteren bakteriziden Wirksamkeit zu einer deutlichen Erhöhung von nosokomialen Infektionen führen könne. Abschließend kommt das RKI zu der Einschätzung: “Die Händedesinfektion mit Produkten mit nachgewiesener Wirksamkeit bietet eine bakterizide und begrenzt viruzide Wirksamkeit, die SARS-CoV-2 einschließt. Im medizinischen und pflegerischen Umfeld ist die Händedesinfektion mit entsprechend in ihrer Wirksamkeit belegten alkoholischen Präparaten das Mittel der Wahl. (…).“ Der IHO teilt diese Einschätzung und hat bereits im März in einer eigenen Position[2] auf die Risiken hingewiesen.

 

Produktionskapazitäten der Mitglieder des IHO wurden seit Beginn der Krise deutlich erweitert
Die Mitglieder des IHO haben seit Beginn der „Corona-Krise“ ihre Produktionskapazitäten deutlich ausgeweitet[3] und sehen sich daher derzeit in der Lage rund 100.000 Tonnen p.a. Desinfektionsmittel herzustellen. Der Bedarf an Desinfektionsmitteln für den medizinischen Bereich lag vor der Corona-Pandemie einer Schätzung nach bei ca. 20.000 Tonnen p.a.. Dieses Volumen könnte durch die im IHO organisierten Hersteller produziert werden, vorausgesetzt, dass ausreichend Rohstoffe und Verpackungsmittel für die Produktion zur Verfügung stehen.

 

Fazit

Der IHO fordert, von einer Verlängerung der Geltungsdauer der Allgemeinverfügungen zur Herstellung von Desinfektionsmitteln seitens der BAuA abzusehen.
Sollte sich die Lage noch einmal verschärfen und die Zahl der Covid-19-Erkrankten wieder ansteigen, wird empfohlen die Verwendung der WHO-Rezepturen auf öffentliche und nicht medizinische Bereiche zu konzentrieren und die Bereiche im Gesundheitssektor mit den etablierten Produkten zu versorgen.

 

[1] https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/19_20.pdf?__blob=publicationFile , zuletzt abgerufen am 28.05.2020 um 12:32 Uhr

[2] https://www.iho.de/stellungnahmen/iho-information-who-rezepturen-zur-haendedesinfektion-wirksamkeit-gegen-krankenhauskeime/ , veröffentlicht am 23.03.2020

[3] Siehe auch: IHO-INFORMATION: Coronavirus SARS-CoV-2 –Maßnahmen der Hersteller von Desinfektionsmitteln:  https://www.iho.de/aktuell/coronavirus-sars-cov-2/, veröffentlicht am 11.03.2020 u. Blogartikel: Wie reagieren die Hersteller von professionellen Reinigungs- und Desinfektionsmitteln auf die Corona-Krise?, https://www.iho.de/aktuell/hersteller_von_desinfektionsmitteln_coronakrise/ veröffentlicht am 12.05.2020,

Hier finden Sie die IHO-Stellungnahme als PDF zum Download:
IHO-Stellungnahme Verlängerung der BAuA Allgemeinverfügungen nicht notwendig

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