Die Auswahl an Desinfektionsmitteln ist groß. Auf dem Markt werden viele verschiedene Produkte für unterschiedliche Bereiche und Anwendungen angeboten. Um dem Anwender eine Orientierung bei der Auswahl zu geben, haben sich verschiedene Desinfektionsmittellisten etabliert. Die europäische Biozidprodukteverordnung (BPV) (EU) Nr.528/2012 legt europäische Normen und international anerkannte Methoden zur Wirksamkeitsprüfung von Desinfektionsmitteln fest. Nationale Regelungen genießen nur in einer Ausnahme Vorrang: Im Seuchenfall, der dann auch offiziell proklamiert werden muss. |
Einheitliche Prüfmethoden für Europa
Welche Methode ist für welche Anwendung erforderlich, um die Wirkung der Desinfektion nachzuweisen? Das beschreibt die Norm EN 14885 mit dem Titel „Die Anwendung europäischer Normen für chemische Desinfektionsmittel und Antiseptika“.
Wann kommt welche Methode zum Einsatz?
Die Methoden der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) zur Prüfung von Desinfektionsmitteln für das Gesundheitswesen sind ebenso wie die Methoden auf europäischer Ebene in verschiedene Phasen und Anwendungsgebiete aufgeteilt. So gibt es bei der DGHM Prüfverfahren für folgende Bereiche:
• Hygienische Händewaschung • Hygienische & chirurgische Händedesinfektion • Hautantiseptik • Flächendesinfektion • Instrumentendesinfektion (manuell) • Wäschedesinfektion
Wenn bereits europäische Methoden vorhanden sind, werden die DGHM-Methoden mit diesen abgestimmt, um die europäischen Normen zu erfüllen. Nur wenn es noch keine international anerkannte Methode gibt, hat die nationale Methode alleinige Gültigkeit. Für die Wirksamkeitsprüfungen im humanmedizinischen Bereich kommen demnach sowohl europäische als auch DGHM-Methoden zum Einsatz: · Für die Hände-, Instrumenten- und Flächendesinfektion ist der Nachweis der Viruswirksamkeit nach der europäischen Norm EN 14476 notwendig. · Mit den Verfahren der DGHM können Produkte zur manuellen Anwendung sowie zur Anwendung auf Haut, Händen und Wäsche getestet werden. Die Ergebnisse veröffentlicht der Verbund für Angewandte Hygiene (VAH) in der VAH-Liste. |
Die 3 Phasen der Wirksamkeitsprüfung
Die Prüfung eines Desinfektionsmittels auf seine Wirksamkeit besteht aus verschiedenen Phasen und Testverfahren, die aufeinander aufbauen:
Phase 1 – Der Basistest
Beim Basistest werden zunächst orientierende Versuche zur Wirksamkeit durchgeführt. Dabei spielt die spätere Anwendung des Produkts noch keine Rolle.
Phase 2, Stufe 1 – Quantitativer Suspensionsversuch
Bei diesen Testverfahren werden erstmals die späteren Anwendungsbedingungen wie Temperatur, Belastung und Zeit berücksichtigt.
Phase 2, Stufe 2 – Praxisnahe Keimträgertests
Hierbei wird eine realitätsnahe Anwendung auf der zu desinfizierenden Oberfläche simuliert und getestet.
Phase 3 – Praxis- bzw. Feldversuche
Diese Phase ist bisher noch nicht ausgearbeitet.
Hinsichtlich der späteren Anwendung des Desinfektionsmittels wird unterschieden, in welchem Bereich ein Produkt zum Einsatz kommen soll:
1. Humanmedizinischer Bereich
2. Tierhaltung
3. Lebensmittelbereich & öffentliche Einrichtungen
Desinfektionsmittellisten – Welche gibt es & wie unterscheiden sie sich?
1. IHO-Desinfektionsmittelliste
In allen öffentlichen und für die Gesundheit sensiblen Bereichen besteht eine große Verantwortung zur Erhaltung eines hohen Hygienestandards. Um die Anwender von Desinfektionsmitteln in Krankenhäusern, Arztpraxen, Schulen, Kindergärten und Pflegeeinrichtungen bei ihrer Arbeit zu unterstützen, hat der IHO die IHO-Desinfektionsmittelliste entwickelt. Hier können die Hersteller eigenverantwortlich die Wirksamkeitsergebnisse ihrer Produkte eintragen. Die Wirksamkeit der Produkte muss von akkreditierten Prüflaboren normgerecht geprüft worden sein.
Auf der Desinfektionsmittelliste des IHO finden Anwender die auf Viruswirksamkeit geprüften Produkte in den Anwendungsgebieten Händedesinfektion, Flächendesinfektion und Instrumentendesinfektion – einschließlich der zugehörigen Einsatzkonzentrationen und Einwirkzeiten. Die hier gelisteten Desinfektionsmittel wurden entsprechend der europäischen Normen auf Wirksamkeit, und somit dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik, geprüft. Als Onlineplattform kann die IHO-Desinfektionsmittelliste stets mit aktuell gehaltenen Daten dienen. Sie bietet eine schnelle Übersicht für Produkte zur Routinedesinfektion.
In den derzeit drei übergeordneten Anwendungsbereichen gibt es in Europa keine vergleichbare Liste, die interessierten Nutzern Informationen zu Wirkstoffen, Konzentration, Anwendungsdauer oder Wirksamkeit derart vieler Produkte und Hersteller gibt. Für die Nutzung der kostenfrei zugänglichen IHO Desinfektionsmittelliste ist keine Registrierung notwendig und sie ist in englischer Sprache verfügbar.
Herausgeber: Industrieverband Hygiene & Oberflächenschutz (IHO)
Anwendungsbereiche im Gesundheitswesen:
- Händedesinfektion
- Flächendesinfektion
Instrumentendesinfektion (manuelle & maschinelle Verfahren)
Prüfmethoden:
- DIN EN 14476
- Methoden der DVV & des RKI zur Prüfung auf Wirksamkeit gegen Viren
Wirkungsspektrum:
- Begrenzt viruzid
- Begrenzt viruzid PLUS
- Viruzid
Hier geht’s direkt zur IHO-Liste: www.desinfektionsmittelliste.de
2. RKI-Liste
Die Liste der vom Robert Koch-Institut geprüften & anerkannten Desinfektionsmittel & -verfahren gilt für den Seuchenfall. Sie kommt ausschließlich bei behördlich angeordneten Desinfektions- und Entseuchungsmaßnahmen nach § 18 des Infektionsschutzgesetzes zum Einsatz. Bei routinemäßiger Desinfektion verweist das Robert Koch-Institut auf beispielsweise auf Gutachten nach anerkannten Prüfmethoden, wie sie in EN Normen stehen oder auch die VAH-Liste. Da die Relevanz der RKI-Liste auf den Seuchenfall bezogen ist, stellt sie eine Ergänzung zur IHO-Desinfektionsmittelliste für routinemäßige Desinfektionsanwendungen dar.
Herausgeber: Robert Koch-Institut (RKI)
Anwendungsbereiche im Gesundheitswesen:
- Flächendesinfektion
- Instrumentendesinfektion
- Wäschedesinfektion (chemisch)
- Ausscheidungen
- Hygienische Händedesinfektion
- Chemo-thermische Desinfektionswaschverfahren
- Raumdesinfektion
Prüfmethoden:
- Untersuchungen des RKI nach eigenen Methoden
Wirkungsspektrum:
- Bakterien inkl. Mykobakterien sowie Pilze
- Inaktivierung von Viren