„Je heißer, desto weißer“ – so hieß früher die Devise in der professionellen Wäscherei, um Sauberkeit und Hygiene durch hohe Temperaturen zu erreichen. Nur bei empfindlichen Textilien wie Wolle, Viskose oder Seide kamen niedrige Waschtemperaturen zum Einsatz. Dieser Leitspruch gilt schon lange nicht mehr. Der aktuelle Trend verringert die Temperaturen in der Waschmaschine auf ein Minimum. Ausschlaggebend hierfür sind einerseits die steigenden Energiekosten, andererseits die Entwicklung innovativer Wäschereihilfsmittel, die niedrige Waschtemperaturen überhaupt erst ermöglichen.
Waschmittel für niedrige Temperaturen
Das Waschen mit niedrigen Temperaturen ist jedoch keine neue Erfindung. In den USA verfügen viele private Haushaltswaschmaschinen nicht einmal über ein Heizsystem. Hier hat das Niedertemperaturwaschen Tradition. Zum Ausgleich für die Fleckenentfernung kommt allerdings das ökologisch bedenkliche Chlor zum Einsatz, während Deutschland und ein Großteil Europas eher auf die bleichende Wirkung von Sauerstoff setzen. Der Sauerstoff befindet sich in sogenannten Per-Verbindungen wie Natriumperborat und -percarbonat, die ihn jedoch erst ab 50 °C freisetzen. Inzwischen werden die Perborate in Deutschland aufgrund einer neuen Gefahrstoff-Einstufung nicht mehr verwendet. Das Percarbonat ist jedoch ökologisch unbedenklich und kommt in Vollwaschmitteln häufig zum Einsatz.
TAED
Schon in den frühen 70er Jahren wurde der Bleichaktivator Tetraacetylethylendiamin (TAED) entwickelt, der bei 40 °C die Freisetzung des aktiven Sauerstoffs auslöst und somit ausgezeichnete Bleichergebnisse erzielt. Dieses System revolutionierte den Waschprozess in den privaten Haushalten und machte auch vor der professionellen Wäschereibranche nicht Halt.
Persäure
Seit einiger Zeit streben neue Verbindungen auf den Markt, die potenziell weniger gefährlich sind, aber ebenso gute Bleichergebnisse bei niedrigen Temperaturen erzielen – zum Beispiel eine organische Persäure namens Phthalimido-peroxi-capronsäure (PAP). Viele moderne Waschmittel enthalten heute schon PAP als Bleichmittel.
Peressigsäure
Sehr häufig in der Wäschereibranche sind Wasserstoffperoxid und Peressigsäure als bleichende Sauerstoffverbindungen anzutreffen. Ihr Vorteil: Beide Produkte sind flüssig und lassen sich über automatische Dosiersysteme perfekt portionieren. Auch wenn die Peressigsäure recht unangenehm nach Essig riecht, wird sie gern als Bleichmittel eingesetzt. In Kombination mit den richtigen Produkten wirkt sie schon bei 30 bis 40 °C desinfizierend und ist im Vergleich zu PAP deutlich preiswerter.
Temperatur je nach Gewebe & Verschmutzung
Mit modernen Waschmitteln ist es also scheinbar kein Problem, auch bei niedrigen Temperaturen gute Bleich- und Desinfektionsergebnisse zu erzielen. Trotzdem lässt sich die Physik des Waschens nicht ignorieren und es besteht immer noch ein Zusammenhang zwischen Mechanik, Zeit, Temperatur und Waschmitteleinsatz – der Sinnersche Kreis. Wird die Waschtemperatur immer wieder abgesenkt, muss dafür ein anderer Faktor automatisch steigen. Und es trägt nicht zum ökologischen Ziel bei, einfach die Menge des Waschmittels zu erhöhen. Auch Mechanik und Waschzeit können nicht beliebig erhöht werden. Somit muss ein Kompromiss her: Moderne Systeme können schon bei Temperaturen um 40 °C oder gar 30 °C sehr gute Ergebnisse liefern. Aber letztendlich sollte sich sie die Waschtemperatur an Gewebeart und Verschmutzungsgrad orientieren – und dafür auch mal über 60 °C steigen.
Sinkt die Waschtemperatur noch weiter?
In den privaten Haushalten geht der Trend klar zu niedrigen Waschtemperaturen. Allerdings wird diese Energieeinsparung mit zusätzlichen Produkten erkauft. Im Supermarktregal stehen schon „Hygienespüler“ und „Hygieneausrüstungen“ bereit, um Bakterien und Gerüche zu bekämpfen. Hier soll das letzte Spülbad das nachholen, was im eigentlichen Waschgang nicht geleistet werden kann. Wer porentief saubere Wäsche bei 30 °C verspricht, der soll dies erst einmal an einer ölverschmierten Arbeitshose nachweisen.
Auch in der professionellen Wäscherei geht der Trend zu niedrigen Waschtemperaturen, 25 bis 60 °C gehören heute zum Standardprogramm. Allerdings darf dabei das Ziel nicht aus dem Blickfeld verschwinden: einwandfrei saubere Wäsche. Ressourcen wie Energie und Wasser lassen sich auch durch clevere Wasch- und Rückgewinnungssysteme sparen, nicht nur durch die Reduzierung der Temperatur.