Die Herausforderungen für die Lebensmittelindustrie sind komplex. Moderne Messmethoden liefern mehr Informationen und ermöglichen mehr Transparenz – zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit und der Gesundheit der Endverbraucher. Gleichzeitig können sich Informationen auch schneller verbreiten und einem größeren Publikum Qualitätsprobleme oder Rückrufe berichten. Umso wichtiger ist es für die gesamte Lebensmittelindustrie, Fehlerquellen in der Lebensmittelsicherheit frühzeitig zu erkennen und durch geeignete Maßnahmen zu vermeiden.

Rechtliche Grundlagen für die Lebensmittelsicherheit

Sauberkeit und Hygiene im Lebensmittelbetrieb stehen im Fokus der unternehmerischen Motivation. Die Basis für Sauberkeit und Hygiene im Lebensmittelbetrieb liefern die gesetzlichen bzw. regulativen Rahmenbedingungen. Zum weit gefassten Begriff der Lebensmittelsicherheit in der EU zählen zahlreiche Verordnungen und Richtlinien für Tierarzneimittel, Pflanzenschutzprodukte, Lebensmittelkontaktmaterialien oder unerwünschte Stoffe bei der Tierernährung. Neben den gesetzlichen Grundlagen führen lebensmittelverarbeitende Betriebe aber diverse Prozesse durch, die über diese Anforderungen hinausgehen. Freiwillige Zertifizierungen und Standards wie der IFS Food oder der BRC Global gewinnen zunehmend an Bedeutung.

Die wichtigsten gesetzlichen Regelungen:

  • EC 852/2004: Verordnung über Lebensmittelhygiene
  • EC 853/2004: Verordnung mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs
  • DIN 10516: Notifizierte Leitlinien zur guten Hygienepraxis
  • LFGB: Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch
  • TRGS 525: Technische Regel für Gefahrstoffe in Einrichtungen der medizinischen Versorgung (inkl. Veterinärmedizin)

Welche Desinfektionsmittel dürfen verwendet werden?

Die Anforderungen an Desinfektionsmittel in der Lebensmittelindustrie sind durch die Lebensmittelhygieneverordnung definiert, inklusive Leitlinien zur guten Hygienepraxis. Durch die Integration der sogenannten Primärproduktion (z. B. der Tierhaltung) sind hier die Hygienevorschriften für die gesamte Lieferkette festgelegt – vom Acker bis zum Teller. Nach der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 müssen eingesetzte Produkte eine Registriernummer der Bundesanstalt für Arbeitsmedizin und Arbeitsschutz (BAuA) aufweisen, um für eine Desinfektion verwendet werden zu dürfen. Dafür müssen die Desinfektionsmittel nach geltender EU-Norm auf Wirksamkeit geprüft werden. Geeignete Desinfektionsmittel für gute Hygiene- und Verfahrenspraxis sind in der DIN-Norm 10516 zu finden.

Hygieneplan nach dem HACCP-Konzept

Die Desinfektion von Oberflächen, Gerätschaften, Händen und wasserführenden Systemen ist zentraler Bestandteil für eine einwandfreie Nahrungsmittelhygiene. Lebensmittelunternehmen tragen die Verantwortung für die Sicherheit ihrer Produkte sowie für eine effektive Hygienepraxis. Deshalb gibt es sowohl in der europäischen als auch in der deutschen Lebensmittelhygieneverordnung das „Hazard Analysis and Critical Control Point System“ (HACCP) – ein präventives Managementsystem zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit. Das HACCP ist entlang der gesamten Kette der Lebensmittelproduktion anwendbar, von der Erzeugung beim Bauern bis hin zum Verbraucher. Durch ein Bewertungssystem werden Gefahren für die Lebensmittelsicherheit identifiziert und durch gezielte Kontrolle und entsprechende Maßnahmen verhindert. Die Überprüfung der Reinigungsergebnisse erfolgt optisch durch eine Sichtkontrolle sowie mikrobiologisch durch Tupfer- oder Abklatschproben. Für jeden Produktionsbereich und für jedes Objekt werden entsprechende Maßnahmen in einem Hygieneplan festgelegt. Dieser enthält folgende Angaben:

  • Desinfektionsmaßnahme (Produktbezeichnung, Anwendungskonzentration, Temperatur, Kontaktzeit),
  • persönliche Schutzausrüstung für den Anwender,
  • Angaben zum Abspülen,
  • Datum und Autor,
  • Angaben zum Raum/zur Anlage, der/die gereinigt und desinfiziert wird.

Umsetzung der HACCP-Richtlinien in 7 Schritten

  1. Beobachte schrittweise, wie ein Produkt hergestellt wird. Identifiziere mögliche Gefahren für jeden einzelnen Produktionsschritt. Lege Kontrollen fest, die zur Vermeidung dieser Gefahren durchgeführt werden.
  2. Ermittle kritische Kontrollpunkte, die absolut wichtig für die Lebensmittelsicherheit sind.
  3. Lege Grenzwerte für jeden kritischen Kontrollpunkt fest.
  4. Überwache regelmäßig die Kontrollpunkte, damit die Grenzwerte nicht überschritten werden.
  5. Lege Korrekturmaßnahmen fest, falls ein kritischer Kontrollpunkt den Grenzwert überschreitet.
  6. Lege regelmäßige Audits und Prüfungen zur Bestätigung fest, dass das HACCP-Konzept wirksam ist.
  7. Dokumentiere alle mit diesen Grundsätzen verbundenen Verfahren und Aufzeichnungen.

Diese 3 Fehler sind zu vermeiden

Desinfektionsmittel müssen in der korrekten Konzentration, Menge und Einwirkzeit angewendet werden, sonst ist eine ausreichende Wirksamkeit nicht gewährleistet. Folgende Fehler sind bei der Anwendung zu vermeiden:

  • Eiweißfehler
    Durch eine mangelnde Vorreinigung bleiben Eiweiße zurück und verbrauchen das Desinfektionsmittel. Dadurch schützen sie Keime und vermindern die desinfizierende Wirkung.
  • Kältefehler
    In schlachtenden und Fleisch verarbeitenden Betrieben laufen viele Prozesse im Kühlbereich ab. Durch Kälte wird die Wirkung des Desinfektionsmittels verlangsamt. Dosierung und Einwirkzeit müssen an die Temperatur angepasst werden.
  • Anwendungsfehler
    Eine zu hohe Dosierung birgt Gefahr für Anwender und Umwelt. Eine zu niedrige Dosierung erzielt nicht die gewünschte Wirksamkeit. Entsprechendes gilt für die Menge der verwendeten Desinfektionslösung. Ähnlich sieht es mit der Einwirkzeit aus. Hygieneschulungen und ein übersichtlicher Hygieneplan vermitteln das notwendige Know-how.

Rückstände sind so gering wie möglich

Grundsätzlich gilt in der EU das sogenannte ALARA-Prinzip, auch als Minimierungsgebot bekannt. Die Abkürzung heißt „as low as reasonably achievable“ – „so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar“. Derzeit gibt es keine finale Festlegung bezüglich Höchstmengen von Wirkstoff-Rückständen für Lebens- und Futtermittel bzw. Materialien, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen. Für besonders kritische Bereiche wie die Fleischverarbeitung sind mikrobiologische Grenz- und Richtwerte für Kontaktoberflächen definiert. Zur Orientierung dienen des Weiteren die DIN 10516 als Handlungsanleitung und die Rückstandshöchstmengenverordnung EC 396/2005. Desinfektionsmittel kommen bei verschiedenen Verarbeitungsstufen ggf. mit Futter oder Lebensmitteln in Kontakt. Ziel hierbei ist es, eine Übertragung von Inhaltsstoffen so gut wie möglich zu vermeiden – nach dem ALARA-Prinzip.