23.03.2020

Hintergrund zu Coronaviren
Coronaviren sind behüllte Einzelstrang RNA-Viren. Charakteristisch für Coronaviren sind keulenförmige Spitzen auf der Oberfläche des Virions, welche dem Aussehen einer Sonnenkorona ähneln und woraus sich dementsprechend auch der Name des Virus ableitet (Fehr, 20151). Bis zum SARS-CoV Ausbruch in 2002 wurde angenommen, dass Coronaviren zwar eine Vielzahl von Infektionen bei Tieren verursachen können, beim Menschen jedoch lediglich leichte selbstlimitierende Infektionen auslösen (Fehr, 20151). Um die Infektion bei Menschen einzudämmen, stehen in vielen Fällen nur begrenzt wirksame präventive Maßnahmen wie Impfungen oder die Behandlung mit therapeutischen Antikörpern zur Verfügung.

 

WHO-Formulierung für Desinfektionsmittel
Um eine weitere Ausbreitung zu verhindern, empfiehlt die WHO daher Hygienemaßnahmen wie die Verwendung von 70%igem Ethanol (WHO, 20202). Des Weiteren wurden bereits im Jahre 2009 zwei alkoholische Formulierungen zur Händedesinfektion durch die WHO publiziert (WHO 1, basiert auf 80% v/v Ethanol und WHO 2 basiert auf 75% v/v 2-Propanol) (WHO 20093). Beide Formulierungen sind für die direkte Herstellung vor Ort gedacht, sofern es nicht möglich ist, diese anderweitig zu beziehen.

 

WHO-Formulierung im Vergleich zur etablierten chirurgischen Händedesinfektion
Suchomel et al. zeigten jedoch, dass diese Formulierungen kritisch in Bezug auf ihre Wirksamkeit bei der chirurgischen Händedesinfektion im Krankenhaus zu bewerten sind. So zeigten sie in einer Studie, dass die 2-Propanol-basierte WHO-Formulierung signifikant schlechter im Vergleich zu einer kommerziell erhältlichen 2-Propanol-basierten Formulierung abschnitt (Suchomel, 20174).

Weiterhin wurde gezeigt, dass die beiden WHO-Formulierungen erst in einer Einwirkzeit von 60 Sekunden eine ausreichende Wirksamkeit bei der hygienischen Händedesinfektion aufweisen, wogegen die üblicherweise verwendeten Händedesinfektionsmittel im klinischen Bereich in Deutschland und anderen EU-Ländern eine Wirksamkeit innerhalb von 30 Sekunden haben (Suchomel et al., 20125).

 

Begrenzt viruzide Desinfektionsmittel gegen Coronavirus SARS-CoV-2
Bei dem behüllten neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 handelt es sich um ein gegenüber Desinfektionsmittelwirkstoffen relativ labiles Virus, das leicht mit alkoholischen Präparaten zur Händedesinfektion zu inaktivieren ist. So hat das Robert Koch-Institut im Rahmen des SARS-CoV Ausbruchs und auch aktuell in Zusammenhang mit dem 2019-nCoV Ausbruch die Verwendung von Desinfektionsmitteln empfohlen, welche mindestens als „begrenzt viruzid“ wirksam ausgelobt sind (RKI, 20156; RKI, 20207). Die Anforderung an die „begrenzt viruzide“ Wirksamkeit von Händedesinfektionsmitteln ist daher bei im klinischen Bereich üblicherweise angewendeten Formulierungen nicht limitierend.

 

Fazit

Eine großflächige Verwendung von WHO-Formulierungen im klinischen Bereich kann aufgrund der schlechteren bakteriziden Wirksamkeit zu einer deutlichen Erhöhung von nosokomialen Infektionen führen. Aufgrund ihres vergleichsweisen schlechten Abschneidens im Vergleich zu den üblicherweise im klinischen Bereich eingesetzten Händedesinfektionsmitteln ist eine Anwendung der WHO-Formulierungen im klinischen Bereich kritisch zu bewerten.
Der IHO empfiehlt daher die Verwendung von bereits vor der Corona-Pandemie geprüfter, wirksamer und zugelassener Desinfektionsmittel um Krankenhauskeime bestmöglich zu beseitigen. WHO-Formulierungen sollten vorzugsweise in öffentlichen Bereichen zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 eingesetzt werden.

 

 

Literatur

 

  • 1) Fehr, AR and Perlman, S: Coronaviruses: An overview of Their Replication and Pathogenesis. Methods Mol Biol 2015, 1282:1-23

 

  • 2) World Health Organization (WHO): Infection prevention and control during health care when novel coronavirus (nCoV) infection is suspected. Interim guidance. 2020. WHO/2019-nCoV/IPC/v2020.1

 

  • 3) World Health Organization (WHO): WHO guidelines on hand hygiene in health care. 2009. ISBN 978 92 4 159790 6

 

  • 4) Suchomel, M, Weinlich, M, Kundi, M : Influence of glycerol and an alternative humectant on the immediate and 3-hours bactericidal efficacies of two isopropanol-based antiseptics in laboratory experiments in vivo according to EN 12792. Antimicrob Resist Infect Control 2017. doi: 10.1186/s13756-017-0229-5

 

  • 5) Suchomel, M, Kundi, M, Pittet, D, Weinlich, M, Rotter ML. Testing of the world’s health organization recommended formulations in their application as hygienic hand rubs and proposals for increased efficacy. Am J Infect Control 2012. Doi: 10.1016/j.ajic.2011.06.012

 

 

 

Wir danken den Mitgliedern des IHO für Ihre wissenschaftliche Expertise:
Astrid Bolten (BODE Chemie GmbH), Dr. Bernhard Meyer (Ecolab Deutschland GmbH), Dr. Hans-Joachim Rödger (Lysoform Dr. Hans Rosemann GmbH), Dr. Katrin Steinhauer (Schülke & Mayr GmbH)

Hier finden Sie unsere Information als PDF zum Download:

IHO-Information WHO-Rezepturen in Krankenhäusern.

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